Bericht Modul in Kerpen, 28. November - 01. Dezember 2005
Das Sozialpädagogische Zentrum Kerpen arbeitet im Bereich ambulante
Erziehungshilfen und mit einer integrierten Tagesgruppe. Der Trägerverbund
besteht aus dem Amt für Diakonie Köln und Region, der
Arbeiterwohlfahrt im Kreisverband Rhein-Erft und dem Paritätischen
Wohlfahrtsverband NRW. Im Juni wandte sich der Leiter an die Koordinierungsstelle,
um sich über die Kooperationsmöglichkeiten zu informieren.
Daraufhin wurde die Koordinatorin zum Teamgespräch im August
eingeladen, um Näheres zu besprechen. Es wurden wesentliche
Eckpfeiler für die Kooperation festgehalten:
- Mittelpunkt soll das Medium "Video" stehen, da erste
Erfahrungen mit Video-Home-Training bestehen und die Einsatzmöglichkeiten
am größten eingeschätzt wurden, Tipps zur Anschaffung
eine Videokamera sind gewünscht,
- Das Team hat großes Interesse an einer internen Schulung
- odul I & II sollen in einander übergehen, dreieinhalb
Tage kann dieses sehr medienpraktisch orientierte Modul umfassen
Ende November machte das zehnköpfige Team zum Einstieg Partnerinterviews
anhand der "Gläsernen Medienmenschen". Bei der anschließenden
gegenseitigen Vorstellung im Plenum wurden neben der eigenen Medienbiografie,
Medienvorlieben und -abneigungen auch Erwartungen an das Modul
formuliert. Zwar kannte sich das Team aus den Bereichen Tagesgruppe
und ambulante Erziehungshilfe schon gut untereinander, doch standen
ihre Medienhelden der Kindheit und ihre Medienvorlieben bzw. -abneigungen
bisher nicht im Mittelpunkt. Durch diesen Einstieg wurde das Team
auf das Thema eingestimmt.
Die Teilnehmer sollten zusätzlich die eigene Mediennutzung
mit Hilfe des Medienkuchens reflektieren. Interessant war hier,
dass TV und Telefon eine zentrale bis überhaupt keine Rolle
im Privatleben spielen. Die genutzten Medien wurden anschließend
nach dem Grad der Technisierung in drei Kategorien eingeordnet:
primäre Medien, wie Stimme und Gesang, sekundäre Medien,
wie Buch, Zeitung und Musikinstrumente, sowie tertiäre Medien,
wie PC, TV, Radio, CD-Player und Telefon. Ausgehend von dieser Sichtung
wurde der Medienbegriff abschließend so definiert:
Alles, was Informationen aller Art außerhalb der eignen Person
speichert und/ oder vermittelt.
Um die Medienvielfalt gestern und heute herauszuarbeiten,
wurden im Plenum Assoziationen und Bewertungen gesammelt. Positive
und negative Einschätzungen hielten die Waage, was selten in
anderen Modulen so ausgewogen war. Interessant war hier, dass das
Positive auf die Erweiterung der technischen Möglichkeiten
abzielte, während die negativen Bewertungen hauptsächlich
die Überforderung durch die Medienvielfalt benannten.
Aktuellen Zahlen und Statistiken aus den Studien "Jugend,
Information und (Multi-)Media" [JIM] und "Kinder
und Medien" [KIM] des Medienpädagogischen Forschungsverbundes
Südwest zu Ergebnissen der Medienforschung und Medienkritik
wurden im Verhältnis zum eigenen Medienkonsum betrachtet und
mit den ersten Ergebnissen der Studie des Kriminologischen
Forschungsinstituts Niedersachsen zum Thema "Mediennutzung
und Schulleistung" diskutiert. Die in dieser Studie genannten
Zahlen stimmen mit den Erfahrungen der Teilnehmer aus der Arbeit
mit ihrer Klientel, die hauptsächlich aus bildungsschwachen
Multiproblemfamilien besteht, überein. Die Teilnehmer bemängelten
aber an dieser Studie, dass der familiären Kontext und das
Erziehungsverhalten der Eltern nicht einbezogen wurden.
In den medienpraktischen Übungen wurden in zwei Gruppen
jeweils mit großem Eifer ein Video mit Stopptrick und
ein Animationsfilm mit Hilfe der Trickbox erstellt.
Der zweite Tag begann mit Differenzierung der Medienkompetenz
nach Dieter Baacke im Plenum (vier Dimensionen: Medienkritik, ~gestaltung,
~nutzung und ~kunde). Die Teilnehmer gaben anschließend an
dem Flipchart mittels Klebepunkten ihre Selbsteinschätzung
zu den eigenen Kompetenzen in den Dimensionen ab. Alle Teilnehmer
schätzten sich bei Medienkritik sehr gut ein, bei der
Mediennutzung sahen die meisten leichte Defizite, bei Medienkunde
und Mediengestaltung wurden die eigenen Fähigkeiten
überwiegend als schlecht bezeichnet.
Um den Defiziten im Bereich Medienkunde entgegenzuwirken, wurden
die Rahmenbedingungen des Kinder- und Jugendschutzes erläutert.
Neben den gesetzlichen Grundlagen wurden u.a. die Vor- und Nachteile
von Filtersoftware für das Internet vorgestellt. Im Zusammenhang
ist auf die Struktur des Mediensystems in Deutschland zu
sehen. In der Diskussion wurde neben den diversen Beteiligungen
von Konzernen wie Bertelsmann und Springer an Fernsehsendern, dem
Entstehen der privaten Fernseh- und Radiosendern und der dadurch
bedingten Nivellierung der Inhalte, auch auf den Aufbau und die
(fehlende) Kontrolle des Internets eingegangen wurde.
Nachmittags wurde der praktischen Medieneinsatz fortgesetzt, da
hier laut Selbsteinschätzung der Teilnehmer ebenfalls große
Defizite waren. In zwei Gruppen wurde mit dem Medium Mini-DV-Kamera
gearbeitet:
- Gruppe I nahm verschiedene typische Beratungssituationen aus der
Arbeit mit Eltern im Bereich der ambulanten Erziehungshilfen auf
Video auf.
- Gruppe II dokumentierte den Alltag in der Tagesgruppe für
Kinder. Dabei wurden verschiedene Kamerawinkel, Beleuchtungssituationen
und Mikrofonkonstellationen ausprobiert. Wegen der recht kleinen
Räume empfiehlt es sich beim Einsatz von Video im Arbeitsfeld
ambulanten Erziehungshilfen einen Weitwinkelkonverter einzusetzen.
Um die Klientel nicht einzuschüchtern sollte außerdem
nur so viel an Videotechnik wie nötig eingesetzt werden (Mini-DV-Kamera,
einfaches Stativ, externes Mikro, evtl. ein Stativ für das
Mikro).
Eigene Projektziele wurden nach dem Videodreh für die
unterschiedlichen Arbeitsbereiche erarbeitet und nach Themenfeldern
geordnet. Grundsätzlich unterschieden wurden die Punkte: "Die
eigenen Kompetenzen stärken/ Teamentwicklung" und
"Kompetenzen der Familien stärken". Der erste
Punkt bezog sich rein auf den Videoeinsatz bei Super- bzw. Intervision.
Der letzte Punkte wurde noch einmal unterteilt: "Schärfung
der Wahrnehmung", "Verhaltensauffälligkeiten"
und "Soziale Kompetenz", die hauptsächlich
auf den Einsatz von Video zur Reflexion von Verhaltensweisen bei
Eltern und dem Training von alternativem Verhalten abzielten. Zum
anderen die Punkte "Medienkompetenz", "Kreativität
fördern" und "Schuldenabbau", mit
denen die Aspekte Mediengestaltung durch Eltern und Kinder sowie
Thematisierung der Mediennutzung durch die Familien gemeint waren.
Der dritte Tag begann mit Tipps zur Anschaffung einer digitalen
Videokamera und Mikrofonen. Im Anschluss wurde den Teilnehmern an
dem Videoschnittcomputer gezeigt, wie eine PCI-Erweiterungskarte
(FireWire) eingebaut wird und was beim Aufrüsten eines PCs
zu beachten ist.
Es folgte wieder ein medienpraktischer Teil mit der Fortsetzung
der Gruppenarbeit vom Vortag: Sichtung des Videomaterials, Schnitt
und Montage. Gruppe I arbeitete dabei am Powerbook mit dem bei OS
X mitgelieferten Videoschnittprogramm iMovie, Gruppe II an einem
Windows-Notebook mit dem Ulead Video Studio SE DVD, das der der
FireWire-Karte beigepackt war. Dieser Programmpunkt wurde auch nach
der Mittagspause fortgesetzt, damit die Gruppen in Ruhe die Filme
zu Ende schneiden konnten.
Zum Abschluss des Tages wurden in einer gemeinsamen Runde die zuvor
ausgeteilten Kölner Medienkritikthesen diskutiert. Die
Teilnehmer fanden es durchweg fraglich, ob eine Veränderung
im Rezeptionsverhalten bei ihren Klienten erreichbar sei und wenn
ja, ob diese zur Veränderung der Inhalte von Massenmedien wie
Fernsehen führen würde. Die Teilnehmer waren der Meinung,
dass zumindest beim Fernsehen das Angebot die Nachfrage bestimme.
Eine Veränderung sei wenn nur in einem gesamtgesellschaftlichen
Rahmen denkbar. Es wurde von den Teamern darauf verwiesen, dass
Projekte wie die Fortbildungsinitiative Familie und Medien gerade
diesen Veränderungsprozess versuchen in Gang zu bringen und
dass es bundesweit ganz unterschiedliche Ansätzen gäbe.
Am vierten Tag wurde die Medienpraxis fortgesetzt. Die Gruppen
brannten die fertigen Videofilme mit dem jeweiligen DVD-Autoren-Modul
von iMovie bzw. Ulead Video Studio SE DVD auf eine DVD.
Zur Konkretisierung der medienpädagogischen Projektidee wurden
bereits bewährte Methoden aus der Praxis der Familienhilfe
vorgestellt:
- Elternkurs "Erziehen durch guten Kontakt", ein Konzept
auf der Basis der Grundfertigkeiten und Prinzipien des Video-Home-Trainings
von Dipl.-Päd. Hannelore Gens.
- Ergebnisse aus einem Handy-/ Klingeltonworkshop und
- einem Trickbox-Workshop gezeigt.
Zur Einführung in die Projektentwicklung für die Praxis
wurden im Anschluss per Handout/ Folien Tipps für die Projektentwicklung
und das Projektmanagement gegeben. Dabei wurde vor allem die Technik
der Mindmap erläutert und entsprechende Software vorgestellt,
das kostenlose Open-Source-Programm Freemind
und das kostenpflichtige Programm Data Becker Creative
Mindmap 3.
Folgende Projektideen wurden entwickelt:
- Ein Videoprojekt mit Kindern (und evtl. Eltern) im Rahmen eines
Ferienprojekts oder eines Familienseminars. Thema können
entweder eine "Kindertagesschau" (Nachrichten
aus der Sicht der Kinder) oder die "Schule der Zukunft"
sein.
- Ein Elterntraining, das vor allem auf eine positive Eltern-Kind-Beziehung/
Paarbeziehung abzielt und die Erziehungskompetenz der Eltern stärken
will. Dabei soll die Videokamera als Instrument eingesetzt werden
um in der Familiensituation positive Verhaltensweisen zu dokumentieren
bzw. Gruppenübungen zu veranschaulichen.
- Ein Krimi als Kurzfilm, gedreht mit/ durch die regelmäßig
statt findende Kindergruppe. In zirka sechs Treffen sollen Expose
und Storyboard bzw. Drehbuch geschrieben, die Verteilung der Rollen
festgelegt, Requisiten organisiert und der Umgang mit der Technik
erlernt werden. Auf Anraten der Teamer wurde der Videodreh als
Kompaktveranstaltung für die Ferienzeit geplant Zudem wurde
vorschlagen, einen Elternabend zum Thema Gewalt im Fernsehen zu
veranstalten, damit die Eltern in das Projekt eingebunden werden
können.
Zum Abschluss nahmen sich die Beteiligten noch Zeit, um die Ergebnisse
der praktischen Medienarbeit anzusehen und starteten nach der Abschlussreflexion
in ihren Betreuungsalltag.
Durch das Modul führten die Teamer Heiko Walter und Berko
van Boxmer.
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